Viele Welpenbesitzer – und auch ich damals mit meiner Hündin Mila – setzen im Training die falschen Prioritäten. Sitz, Platz, Fuß scheinen anfangs wichtiger zu sein als Ruhe, Entspannung oder gute Alltagsgewohnheiten.
Doch was sollten wir wirklich mit unseren Welpen trainieren, um sie sicher, entspannt und alltagstauglich ins Leben zu begleiten?
1. Ruhe und Entspannung – die wichtigste Lektion
Die wenigsten wissen, dass Ruheverhalten trainiert werden sollte. Jeder wünscht sich einen Hund, der sich überall entspannen kann – im Café, beim Besuch oder im Alltagstrubel. Aber das passiert nicht von allein.
Von Anfang an sollte euer Welpe einen festen Ruheplatz haben, an dem er ungestört ist. Dieser Ort sollte positiv verknüpft und als sicherer Rückzugsort aufgebaut werden.
Auch unterwegs ist Ruhe wichtig: Baut auf Spaziergängen immer wieder bewusste Pausen ein. Der Alltag fordert Welpen genug – zu viel Action führt schnell zu Überforderung. Das Bild vom „verrückten, beißenden Welpen“ zeigt meist eines: zu wenig Schlaf und zu viele Reize.
Den Satz "Nach müd kommt doof" kennen die meisten. Dieser gilt auch für unsere Welpen.
Findet also die richtige Balance zwischen Aktivität und Entspannung.
2. Erwünschtes Verhalten positiv verstärken
Verhalten, das sich lohnt, wird wiederholt – das gilt auch für Hunde. Belohnt daher konsequent jedes erwünschte Verhalten, anstatt nur Fehlverhalten zu korrigieren.
Belohnungen sind vielseitig: Leckerchen, spielen, kuscheln, gemeinsames Suchen, Freilauf, Schnüffeln und vieles mehr. Findet heraus, was euer Hund liebt, und erstellt eine Top-20-Liste seiner Lieblingsbelohnungen.
Achtet auch auf Abwechslung und Qualität: Auch wie ihr ein Leckerchen gebt, macht einen Unterschied. Ein geworfenes Leckerchen, hinter dem euer Welpe her jagen kann, hat eine andere Hochwertigkeit wie ein Leckerchen, das er direkt ins Maul bekommt. Auch die Hochwertigkeiten sind unterschiedlich: Leberwurst motiviert manche Hunde mehr als ein Trockenfutter-Stück.
3. Hundebegegnungen richtig gestalten
Viele Welpen lernen: „Andere Hunde = Spielen!“ – und genau das führt später zu Problemen.
Trainiert von Anfang an, dass Hundebegegnungen auch ruhig und kontrolliert ablaufen können.
Begegnungen ohne direkten Kontakt, wie gemeinsame Spaziergänge, sind besonders lehrreich. Achte auf passende Spielpartner – sowohl in Größe als auch Temperament.
Zeigt dein Welpe Unsicherheit, nimm ihn aus der Situation heraus. Du bist der sichere Hafen, bei dem er Schutz findet.
4. Spielen will gelernt sein
Spielen ist wichtig, aber auch das will gelernt sein. Achtet beim Spiel auf eine Energiekurve:
Langsam starten → Energie steigern → am Ende wieder runterfahren.
Beim Zerrspiel (Zergel) steckt eine Jagdsequenz: packen, schütteln und teilweise auch hetzen. Damit euer Hund nicht frustriert ist, wenn das Spiel endet, baut ein positives Endsignal auf, z. B. „Ende“. Danach gibt’s ein paar Leckerchen auf dem Boden – die Jagd endet also mit Fressen.
5. Aufmerksamkeit und Umorientierungssignal
Euer Hund sollte in jeder Situation ansprechbar bleiben – egal, ob auf dem Spaziergang, beim Spiel oder in aufregenden Momenten.
Ein Umorientierungssignal hilft dabei: Es bedeutet für euren Hund „Schau zu mir“ oder „Komm in meine Richtung“. Trainiert dieses Signal früh und positiv – es ist eines der wichtigsten Werkzeuge im Alltag.
6. Verhaltensunterbrecher sinnvoll aufbauen
Welpen nehmen gern alles ins Maul – auch Dinge, die tabu sind.
Daher lohnt es sich, zwei verschiedene Unterbrechungssignale aufzubauen:
- „Pfui“ → Lass das, was du gerade tun willst.
- „Aus“ → Lass los, was du im Maul hast.
Diese Signale werden natürlich positiv trainiert, nicht durch Schimpfen, sondern über Tauschgeschäfte und Belohnung von Kooperation.
7. Medical Training – Pflege stressfrei üben
Ob Krallenschneiden, Zecken entfernen oder Zähneputzen – solche Dinge werden nur angenehm bleiben, wenn sie von Anfang an positiv verknüpft werden.
Targets, also gezielte Berührungs- oder Positionstrainings (z. B. Kinn auf Hand legen), sind dabei extrem hilfreich.
So lernt euer Hund, aktiv mitzumachen, statt Situationen nur zu „erdulden“.
Auch der Besuch beim Tierarzt sollte von Anfang an schön gestaltet werden. Wenn ihr die Möglichkeit habt, besucht schon vor eurem ersten Behandlungstermin kurz die Tierarztpraxis, damit euer Hund die Gerüche und die Umgebung vorab schon kennenlernt. Verknüpft die Umgebung positiv, sodass er sich beim richtigen Termin evtl. sogar freut, dort hin zurück zu kommen.
8. Leinenhandling und erste Spaziergänge
Leinenführigkeit muss in jeder Lebensphase geübt werden und starten solltet ihr gleich am Anfang.
Viele Welpen wollen anfangs gar nicht richtig Gassi gehen – das ist normal, denn sie verlassen ungern ihr gewohntes Umfeld.
Startet mit kurzen Ausflügen, gern mit dem Auto zu neuen Orten. Dort könnt ihr Leinenführigkeit spielerisch üben, entspannen und positive Erfahrungen sammeln.
Nebenbei lernt euer Welpe auch gleich das Autofahren kennen.
9. Alleinbleiben schrittweise aufbauen
Jeder Hund muss irgendwann allein bleiben können – aber das braucht Zeit und Training.
Startet mit kleinen Schritten: Ignoriert euren Welpen mal ein paar Minuten, verlasst kurz den Raum und steigert die Dauer langsam.
Achtet darauf, dass euer Hund dabei keinen Stress hat. Eine Kamera kann helfen, das Verhalten zu beobachten.
Auch wenn es anfangs gut klappt: bleibt dran! Trennungsstress kann sich erst später entwickeln.
Zum Schluss: Weniger ist mehr
Denkt immer daran:
Euer Welpe ist ein Baby – neugierig, verspielt und muss noch viel lernen. Er braucht viele Pausen, viel Schlaf und viel Bestätigung.
Belohnt das Verhalten, das ihr sehen wollt. Achtet auf Entspannung, Sicherheit und Vertrauen.
Denn das ist die wahre Grundlage für ein harmonisches Miteinander.
Das Wichtigste im Welpentraining sind nicht die klassischen Kommandos, sondern Beziehungsarbeit, Ruhe, Orientierung und Vertrauen.
Wer hier seine Prioritäten richtig setzt, schafft die Basis für einen ausgeglichenen, lernfreudigen und sicheren Begleiter.
Habt ihr Fragen zum Welpentraining oder braucht Unterstützung bei einem bestimmten Thema? Dann meldet euch gerne bei Pfotenfreunde – wir helfen euch weiter!
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