Hunde im Wandel der Zeit: Warum sich unser Umgang mit Hunden verändert hat – und warum es an der Zeit ist, umzudenken

Veröffentlicht am 23. März 2025 um 16:07

In diesem ersten Blogbeitrag möchte ich ein Thema ansprechen, das mir sehr am Herzen liegt – eines, über das ich häufig nachdenke und das immer wieder in meiner Arbeit als Hundetrainerin aufkommt. Es geht um die unterschiedlichen Vorstellungen und Anforderungen, die Menschen an ihre Hunde stellen, und warum es so wichtig ist, unseren Umgang mit ihnen zu überdenken.

Vom Arbeitstier zum Familienmitglied

Immer wieder begegne ich Hundebesitzern, die eine ganz andere Vorstellung von Hundetraining haben als ich. Diese Unterschiede entstehen oft nicht nur durch den persönlichen Erfahrungshorizont, sondern auch durch den kulturellen Hintergrund. In vielen Familien werden Hunde anders wahrgenommen, und auch wenn sich die Haltung zu Hunden in den letzten Jahren immer weiter gewandelt hat, gibt es nach wie vor Unterschiede in der Erwartungshaltung.

Auch bei mir war das nicht anders. Meine Eltern stammen aus Rumänien, wo Hunde traditionell einen anderen Stellenwert haben. Früher waren Hunde in vielen Teilen des Landes vor allem Arbeitstiere – sie lebten oft draußen und hatten klare Aufgaben wie das Bewachen von Häusern oder das Hüten von Schafen. Heute ist auch dort ein Umdenken zu beobachten, doch der Umgang mit Hunden ist nach wie vor nicht mit dem in westlichen Ländern zu vergleichen.

Hunde haben immer noch Bedürfnisse – und das ist auch gut so

Früher war es in vielen Kulturen ganz normal, dass Hunde für einen bestimmten Zweck gehalten wurden. Wachhunde, Hütehunde, Jagdhunde – sie alle hatten klar definierte Aufgaben. Auch Mischlinge und Rassen, die heute keine spezifischen Aufgaben mehr erfüllen müssen, hatten früher ein anderes Leben. Die heutigen Hunde leben oft in Wohnungen, haben weniger Platz und bewegen sich mehr im urbanen Umfeld. Gleichzeitig wollen immer mehr Hundebesitzer, dass ihr Hund ein ruhiger, gehorsamer Begleiter ist, der keine "Probleme" verursacht.

Doch hier liegt ein Dilemma: Hunde haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht so schnell an diese neuen Lebensbedingungen angepasst. Ihre genetischen Bedürfnisse und Instinkte sind nach wie vor dieselben. Ein Hund ist und bleibt ein Jäger, ein Wachhund oder ein Hütehund – auch wenn er nicht mehr auf einem Bauernhof lebt. Das bedeutet, dass wir als Hundebesitzer die Verantwortung haben, diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, um unsere Hunde glücklich und gesund zu halten.

Bedrängte Hunde: Das Missverständnis von „schlechtem Verhalten“

Leider sehen wir oft Verhaltensweisen unserer Hunde als „schlecht“ oder „unerzogen“ an, obwohl sie oft einfach nur die natürliche Reaktion auf ihre Umgebung sind. Ein typisches Beispiel sind Hundebegegnungen. Wenn wir mit unserem Hund an einem anderen Hund vorbeilaufen und dieser sich aufregt oder sogar an der Leine zieht und bellt, interpretieren wir das oft als ungehorsam. Doch für den Hund ist das Bellen eine ganz natürliche Strategie, um zu signalisieren: „Ich brauche mehr Abstand!“ In der Natur würde ein Hund nie einfach so auf einen anderen Hund zulaufen. Wir selbst setzen unseren Hund jedoch in eine ungewohnte und möglicherweise stressige Situation.

Das Problem dabei ist, dass wir die Körpersprache und die Bedürfnisse unserer Hunde oft nicht richtig deuten. Wir zwingen sie in Situationen, die sie so nicht wählen würden. Hunde sind nicht einfach Maschinen, die wir nach Belieben steuern können – sie sind Lebewesen mit eigenen Gefühlen und Bedürfnissen.

Jeder Hund ist einzigartig

Hunde sind genauso individuell wie Menschen. Manche Hunde sind aufgedreht, andere ruhig, wieder andere schüchtern oder ängstlich. Diese Unterschiede in der Persönlichkeit müssen wir akzeptieren, anstatt unsere Hunde mit anderen zu vergleichen oder unrealistische Erwartungen an sie zu stellen. Jeder Hund hat seine eigene Art, mit der Welt umzugehen – und wir sollten das respektieren.

Die Lösung: Bedürfnisorientiertes Training

Um eine harmonische Beziehung zwischen Mensch und Hund zu schaffen, sollten wir uns auf bedürfnisorientiertes Training konzentrieren. Das bedeutet, dass wir die natürlichen Instinkte und Verhaltensweisen unserer Hunde verstehen und berücksichtigen. Durch positive Verstärkung und konsequentes, respektvolles Training können wir den Hunden helfen, sich an die modernen Lebensbedingungen anzupassen, ohne ihre natürlichen Bedürfnisse zu unterdrücken.

 

Es liegt an uns, unsere Hunde nicht nur als Begleiter, sondern auch als Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen zu verstehen. Wenn wir bereit sind, unsere Sichtweise zu ändern und mit mehr Empathie und Verständnis an die Erziehung heranzutreten, können wir eine tiefere Bindung zu unseren Hunden aufbauen und ihre Lebensqualität erheblich steigern. Hunde haben viel zu geben – wenn wir lernen, ihre Sprache zu verstehen, können wir gemeinsam wachsen.


Indem wir unseren Hunden mehr Raum geben, ihre natürlichen Bedürfnisse auszuleben und ihre Individualität zu respektieren, können wir nicht nur ihr Leben bereichern, sondern auch unser eigenes. In der Harmonie zwischen uns und unseren Hunden liegt der Schlüssel zu einer erfüllten Partnerschaft.

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Kommentare

Sandra Theisz
Vor 4 Monate

Vielen Dank für diesen mega guten Beitrag. Es trifft das Problem exakt auf den Punkt! Viel zu selten wird bei der Auswahl des "richtigen" Hundes berücksichtigt , für was er ursprünglich mal gezüchtet wurde.

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